Pferd entwurmen: Effektive Strategien für eine gesunde Wurmkontrolle

Tanja Dietz

·

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Pferd entwurmen: Effektive Strategien für eine gesunde Wurmkontrolle
26:05

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Die Entwurmung ist ein zentraler Bestandteil der Pferdegesundheit. Sie schützt dein Pferd vor Magen-Darm-Parasiten wie Strongyliden, Spulwürmern oder Magendasseln, die bei starkem Befall zu Koliken, Durchfall oder Leistungsschwäche führen können.

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Warum Entwurmung wichtig ist

Eine moderne Entwurmungsstrategie kombiniert gezielte Wurmkuren mit konsequenter Hygiene. Entscheidend ist, die wichtigsten Wurmarten und ihre Lebenszyklen zu kennen, um gezielt vorgehen zu können – und gleichzeitig die Entwicklung von Resistenzen zu vermeiden.

In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf mitteleuropäische Bedingungen (z. B. Deutschland, Österreich, Schweiz). In anderen Klimazonen können die Empfehlungen abweichen.

Magen-Darm-Parasiten sind weit verbreitet – fast jedes Pferd trägt sie in geringer Zahl in sich.
Problematisch wird es, wenn das Gleichgewicht kippt: Dann kann der Befall u.a. den Darm stark belasten und die Gesundheit gefährden.

Regelmäßige, korrekt durchgeführte Kotuntersuchungen können helfen, den Wurmdruck zu kontrollieren und Infektionen rechtzeitig zu erkennen.
Wichtig ist außerdem, den Lebenszyklus der verschiedenen Parasiten zu verstehen – denn nur so lässt sich eine gezielte, nachhaltige Kontrolle aufbauen.

Typische Symptome bei starkem Wurmbefall:

  • Durchfall, Koliken, Abmagerung

  • Leistungsabfall oder stumpfes Fell

  • Aufgeblähter Bauch („Wurmbauch“) bei Jungpferden

 

Inhalt

Häufige Magen-Darm-Parasiten beim Pferd

Parasitenart

Bedeutung  Anmerkung

Kleine Strongyliden

(Cyathostominae)

Häufigster Befall, auch bei gesunden Pferden Hauptziel der selektiven Entwurmung
Große Strongyliden (Strongylus vulgaris) Selten, aber gefährlich (Gefäßwanderung > Kolikrisiko) Früher Hauptziel der Intervallentwurmung
Spulwürmer (Parascaris spp.) Besonders bei Fohlen und Jungpferden Zunehmend resistent gegen Ivermectin
Bandwürmer (Anoplocephala perfoliata) Vorkommen auf Weiden, v.a. bei schlechten Hygienebedingungen Zusammenhang mit Koliken
Magenwürmer, Haarwürmer, Pfriemenschwänze Geringere klinische Relevanz, aber bei schlechtem Hygienemanagement relevant  

 


Kleine und große Strongyliden

Kleine Strongyliden (Cyathostominae) - im Volksmund auch gern "rote Würmer" genannt - sind die häufigsten Parasiten beim Pferd. Sie kommen bei fast allen Tieren vor und sind meist harmlos. Erwachsene Pferde entwickeln normalerweise eine gewisse Widerstandskraft, sodass ein Befall bis zu einer kritischen Grenze unproblematisch bleibt.

Für Fohlen und Jungpferde bis zu ca. 6 Jahren können kleine Strongyliden aber durchaus gefährlich werden.

Wanderung

Kurz gesagt: Kleine Strongyliden werden mit dem Gras aufgenommen. Die Larven dringen in die Dickdarm-Scheimhaut ein und ruhen dort mehrere Monate bis zu über einem Jahr. In dieser Zeit sind sie kaum nachweisbar. Bei günstigen Bedingungen, z.B. im Frühjahr, wandern sie zurück in den Darm.

Bei starkem Befall können diese Massen an Larven zu Entzündungen führen und akuten Durchfall, Fieber und Kolik auslösen. Die Larven wachsen im Darm zu erwachsenen Strongyliden heran und legen Eier - erst jetzt lassen sie sich im Kot nachweisen.

Diagnose

Die Kotprobe zeigt zwar die Eizahl, doch sie spiegelt nicht immer den tatsächlichen Befall wider. Selbst bei negativem Befund kann schon eine starke Infektion vorliegen, wenn sich die Strongyliden noch im Larvenstadium in der Darmwand befinden.

Eine einzelne Kotprobe sagt deshalb nicht viel aus, sondern es sind regelmäßige Kontrollen wichtig. Moderne Bluttests wie der Cyathostomin-ELISA messen Antikörper gegen kleine Strongyliden – also die Immunreaktion des Pferdes auf einen zurückliegenden oder bestehenden Befall. Damit lässt sich zwar keine exakte Wurmlast bestimmen, aber der Test zeigt, ob das Pferd in Kontakt mit encystierten Larven war und somit ein erhöhtes Risiko für eine Larvenlast besteht.

Das ist besonders hilfreich, weil solche Larven in der Darmwand mit herkömmlichen Kotproben kaum nachweisbar sind.

Noch wird der ELISA nicht flächendeckend eingesetzt. In der Praxis eignet er sich vor allem als Ergänzung zur Kotprobe, um ein genaueres Bild zu bekommen – also als Teil eines durchdachten Parasitenmanagements, nicht als Ersatz dafür.

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Selektive oder strategische Entwurmung bei kleinen Strongyliden

Da kleine Strongyliden die meisten Resistenzen aufweisen und sie recht gut via Kotprobe nachzuweisen sind, kann die selektive Entwurmung sinnvoll sein. Wie genau das funktioniert und welche Vor- und Nachteile die Entwurmungsstrategien haben, liest du weiter unten im Artikel.

Große Strongyliden (Strongylus spp.) sind heute selten, aber gefährlich. Besonders Strongylus vulgaris wandert über Monate durch Blutgefäße und Organe, bevor sie im Dickdarm reifen. Auf dieser Wanderung verursachen sie Schäden an Arterien und Gewebe und können Darminfarkte, Koliken und sogar Todesfälle verursachen.

Große Strongyliden sind in der Koptprobe schwierig nachzuweisen, weil sie sich bis zum dritten Larvenstadium nicht von den kleinen Strongyliden unterscheiden. Um sie nachzuweisen, müssen sie in-vitro, also im Labor, bis zu diesem Stadium angezüchtet werden.

Für große Strongyliden wird aufgrund des schwierigen Nachweises die strategische Entwurmung empfohlen (ESCCAP), nämlich 2 x pro Jahr mit z.B. Ivermectin oder Moxidectin. Reglmäßige Kotproben und Larvenanzucht zur Kontrolle sind ebenfalls empfohlen.

Spulwürmer (Parascaris spp.) – Gefahr für Fohlen & Jungpferde

Spulwürmer sind besonders für Fohlen und Jungpferde gefährlich. Querschnittstudien aus Europa zeigen einen Befall bei 20-80% der Fohlen, diese breite Spanne hilft dem einzelnen Pferdehalter kaum, die Wahrscheinlichkeit eines Befalls für seine Jungpferde einzuschätzen.

Spulwürmer sind die größte bekannte Wurmart. Im erwachsenen Stadium können sie bis zu 50cm erreichen. Weibchen können Hunderttausende Eier pro Tag ausscheiden. Ein Befall kann also schnell drastische Ausmaße annehmen. Spulwürmer können Husten, Gewichtsverlust, Koliken oder Darmverschluss verursachen.

Gut zu wissen: Infektionsfähig ist der Wurm im dritten Larvenstadium (L3). Er befindet sich dann noch im Ei. In diesem Stadium sind Spulwürmer extrem überlebensfähig, auch außerhalb eines Wirts. Sie überleben extremen Frost auch langfristig, über Monate. Gute Weide- und Stallhygiene ist ein entscheidender Faktor.

Von Spulwürmern betroffene Ställe und Weiden sind langfristig Infektionsquellen und sollten gemieden werden.

Wanderung

Die Larven der Spulwürmer wandern vom Dünndarm aus durch die Dünndarmwand über das Blut in die Leber, das Herz und in die Lunge. Von dort aus gelangen sie über luftführende Wege zum Kehlkopf und Rachen und werden vom Pferd wieder abgeschluckt. Erst dann reifen sie im Dünndarm heran. Das klingt nicht nur eklig, es kann auch zu sekundären Symptomen kommen.

Häufig ist diese Wanderung erstaunlich symptomfrei, sie kann aber auch zu hochgradigen Infektionen z.B. in der Lunge führen. Ebenso möglich sind bakterielle oder virale Infektionen. Typische Anzeichen sind:

  • Husten und Nasenausfluss (während der Lungenwanderung)

  • Mattigkeit und verlangsamte Entwicklung

  • Struppiges Fell und Gewichtsverlust

  • Aufgeblähter Bauch („Wurmbauch“)

  • Koliken, Darmverschluss oder sogar Darmriss bei starkem Befall

Diagnose

Die Diagnose erfolgt mittels „direktem koproskopischem Nachweis der Eier“ = Nachweis von Spulwurmeiern im Kot unter dem Mikroskop. Das zeigt, dass adulte Spulwürmer im Darm leben und Eier ausscheiden – also eine bestehende Infektion vorliegt.

Der Nachweis gelingt nur während der Phase, in der die Würmer Eier legen (also bei geschlechtsreifen, adulten Parasiten). In der Wanderphase der Larven (z. B. in der Lunge oder Leber) sind noch keine Eier im Kot, daher bleibt der Befund negativ, obwohl eine Infektion besteht.

Wurde bei einem Tier im Bestand Spulwurmbefall nachgewiesen, sollten alle anderen Tiere - auch bei negativem Befund - behandelt werden. Hohe Umweltkontamination und lange Überlebenszeiten machen besondere Vorsicht notwendig

Regelmäßige Kotprobenuntersuchungen (am besten von einzelnen Pferden) sind wichtig, um den Wurmbefall zu überwachen.

Fohlen strategisch entwurmen

Fohlen sollten ab dem zweiten Lebensmonat entwurmt werden, im ersten Jahr etwa alle drei Monate, mit wechselnden Wirkstoffklassen.

Wichtig: Bei starkem Wurmbefall von Fohlen sollte man keine neurotoxischen Wurmmittel wie MLs, Pyrantel oder Piperazin verwenden, weil sie durch das plötzliche und gleichzeitige Abtöten vieler Würmer Koliken verursachen können.

Bandwürmer beim Pferd (Anoplocephala perfoliata)

Bandwürmer brauchen einen Zwischenwirt in Form infizierter Moosmilben. Das Pferd nimmt sie auf der Weide auf. Bandwürmer treten vor allem in der zweiten Hälfte der Weidesaison auf. Deshalb wird meist im Herbst/Anfang Winter die "große Wurmkur" gegeben.

Wanderung

Bandwürmer wandern nicht durch den Pferdekörper - sie leben im Übergang vom Dünn- zum Dickdarm. Vereinfacht gesagt verbringen sie ihre Larvenzeit außerhalb des Pferdes - im Zwischenwirt Moosmilbe. Das Pferd nimmt die infizierte Moosmilbe auf, die Larven werden im Dünndarm freigesetzt und heften sich an die Darmschleimhaut. Dort entwickeln sie sich zu ausgewachsenen Bandwürmern.

Das klingt erstmal besser, führt aber zu Entzündungen und Verdickungen im Darm und kann zu Koliken oder Darmverschluss führen.

Diagnose

Bandwürmer scheiden nur phasenweise Eier aus, deshalb sind sie in der Kotprobe schwer nachweisbar bzw. kann die Kotprobe negativ sein, obwohl Würmer vorhanden sind. Viele Labore nutzen spezielle Flotationsverfahren, um die Trefferwahrscheinlichkeit zu erhöhen, aber auch das ist schwierig. Bei einem positiven Befund im Bestand sollten vorsichtshalber alle Tiere entwurmt werden. Serologische Speichel- oder Serum-Tests (ELISA) auf Antikörper können zusätzliche Informationen liefern, sind aber noch nicht weitverbreitet.

Bandwürmer - große Wurmkur im Spätherbst

Der Wirkstoff Praziquantel wirkt sicher gegen Bandwürmer. In der Regel genügt eine Behandlung im Spätherbst oder Winter. Resistenzen sind bisher nicht bekannt.
Weidehygiene (regelmäßiges Abäppeln) hilft, den Infektionsdruck langfristig zu senken.

Magendasseln / Dasselfliegen (Gasterophilus spp.)

Dasselfliegen, besser bekannt als Magendasseln, sind gut an den gelblichen Eier zu erkennen, die sie im Sommer meist an Beinen oder im Kopfbereich der Pferde ablegen. Sie sind in ganz Europa verbreitet und befallen vor allem Pferde, die viel auf der Weide stehen.

Nach dem Abschlucken wandern die Larven in den Magen und Zwölffingerdarm, wo sie Reizungen, Schleimhautverletzungen und gelegentlich sogar Magengeschwüre verursachen.

Wanderung

Erwachsene Dasselfliegen ähneln Hummeln. Sie fliegen das Pferd an und legen ihre Eier überwiegend an den Haaren an Beinen, Schulter oder im Kopfbereich ab. Weibchen sterben, sowie sie ihre Eier abgelegt haben.

Dassellarven gelangen über das Maul ins Pferd. Sie wandern über die Schleimhäute in Zunge, Zahnfleisch und Rachen, was zu Zahnfleischentzündungen und Schmerzen führen kann

Eine Entwurmung mit Ivermectin im Spätherbst (z. B. November) beseitigt alle Larven zuverlässig.
Zusätzlich sollten die Eier im Fell entfernt werden (Dasselmesser oder warmes Wasser mit Insektizid). Später siedeln sich die Larven (in L2/L3-Stadien) an der Schleimhaut des Magens, Zwölffingerdarms oder Rektums an. Hier können sie kleine Geschwüre, Entzündungen oder oberflächliche Verletzungen verursachen.

Nach 8-10 Monaten im Pferd werden die reifen Larven ausgeschieden, verpuppen sich im Boden und nach einigen Wochen schlüpfen neue Fliegen.

Diagnose

Magendasseln sind gut an den gelblichen Eiern zu erkennen, die wohl jeder Pferdebesitzer schon gesehen hat. Eine sichere Diagnose der Larven im Magen kann auch per Endoskopie erfolgen. Es gibt auch moderne ELISA-Tests (Bluttests), die Antikörper nachweisen können – sie sind aber noch nicht überall im Einsatz.

Wurmkur im Herbst

Aufgrund ihrer Saisonalität lassen sich Magendasseln mit einer Wurmkur mit z.B. Ivermectin im Herbst zuverlässig beseitigen. Die Eier im Fell sollten ohnehin entfernt werden, sowie sie auftreten.

Weniger relevante Parasiten

Zwergfadenwürmer (Strongyloides westeri) betreffen vor allem Fohlen und werden meist über die Milch der Stute übertragen. Ein Befall verläuft meist symptomlos.
Pfriemenschwänze (Oxyuris equi) verursachen Juckreiz und Schweifscheuern, sind aber gesundheitlich kaum bedrohlich.

Beide Parasiten lassen sich durch gute Hygiene und gezielte Entwurmung problemlos kontrollieren.

Entwurmungsstrategien im Überblick

Selektive Entwurmung - gezielt statt pauschal gegen kleine Strongyliden

Die selektive Entwurmung konzentriert sich vor allem auf die kleinen Strongyliden. In den letzten Jahrzehnten haben laut ESCCAP insbesondere die kleinen Strongyliden gegenüber den Benzimidazolen Resistenzen entwickelt.

Benzimidazole (Wirkstoffe Fenbendazol, Oxibendazol) wirken breitbandig, vor allem gegen Strongyliden, Spulwürmer, Pfirmenschwänze, weniger gegen Bandwürmer.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass das Immunsystem erwachsener Pferde (ab ca. 6 Jahren) stark genug ist, mit "normalen" Infektionen mit kleinen Strongyliden zurechtzukommen. Erst, wenn Grenzwerte überschritten werden, kommt es zu Problemen. Daher der bekannte Schwellenwert der 200 MDS-Eier pro Gramm Kot, der in regelmäßgen Kotproben geprüft wird.

Korrekte, empfohlene selektive Entwurmung nach ESCCAP Guideline:

Jahr 1: 4 x Kotprobe mit Bestimmung der MDS-Anzahl pro g Kot (April/Mai bis Okt/Nov)

  • alle Pferde, die bei einer Probe den Schwellenwert von 200 EPG (Eier pro Gramm) überschreiten, werden entwurmt

  • erneute Kotprobe nach Entwurmung, um Erfolg zu prüfen

  • das McMaster-Verfahren kann bei regelmäßiger Testung auch relevanten Bandwurmbefall nachweisen, ist aber nicht sensibel genug für einzelne Proben. Wird 4x/Jahr beprobt, sollte das in den meisten Fällen ausreichen. Sonst kann ergänzend ein Kombiniertes Sedimentation-Flotationsverfahren zum Test auf Bandwürmer genutzt werden.

  • Tests auf große Strongyliden (in-vitro Anzucht bis zum dritten Larvenstadium! oder PCR-Test) - mindestens 1x jährlich

  • 1x/Jahr im Herbst zum Ende der Saison: Große Wurmkur

Jahr 2: Fast genauso. Bei stabilem Bestand und keinen Auffälligkeiten kann auf regulär 3 Kotproben reduziert werden.

 

In der Praxis ist die selektive Entwurmung vor allem in kleineren Beständen oder bei gut organisierter Tierarztbetreuung realistisch umsetzbar. In großen Ställen ist sie wegen der nötigen Probenlogistik oft schwierig.

Häufige "Probleme" der selektiven Entwurmung in der Praxis:

Die selektive Entwurmung ist kein einzelner Test, sondern ein konkretes Verfahren mit mehreren Komponenten. Eine einzelne Kotprobe ist nicht aussagekräftig!

Die Empfehlung des ESCCAP ist eindeutig:

Selektive Entwurmung kann gut funktionieren, wenn das Konzept vollständig angewandt, korrekt umgesetzt und von einem guten Tierarzt betreut wird.

Wichtige Ausnahme: Betriebe, in deren Bestand große Strongyliden nachgewiesen wurden, sollten mindestens 2 Jahre strategisch entwurmen, bevor sie wieder auf selektive Entwurmung wechseln können. In Betrieben mit häufig wechselndem Bestand ist die selektive Entwurmung dann auch kaum möglich, weil sich kaum prüfen lässt, wie korrekt jedes einzelne Pferd vorher beprobt und behandelt wurde.

Kotproben richtig sammeln

In der Praxis scheitern viele Pensionsställe schon daran, regelmäßig und gleichzeitig von allen Pferden korrekte Kotproben zu nehmen.

Die „ideale“ Kotprobe

… sollte möglichst frisch sein – am besten rektal entnommen oder direkt nach dem Kotabsatz aufgenommen. Um die Nachweissensitivität zu erhöhen, sind Sammelkotproben von 3 Tagen zu empfehlen. Zwischen den Entnahmen sollten die Proben bei 4-8°C gelagert werden. (Quelle: Labor "Laboklin")

 

Die selektive Entwurmung benötigt mindestens 4 solcher Kotproben pro Pferd während der Weidesaison von ca. Mai bis Oktober/November. Einheitliche Standards wären nur möglich, wenn eine oder zumindest wenige, fachlich-versierte Personen diese Proben einsammeln und ordentlich verschicken.

Was im kleinen Privatstall gut funktioniert, ist in jedem größeren Betrieb fast unmöglich.

Das Verfahren wird nur für erwachsene Pferde ab 6-7 Jahren empfohlen. Jungpferde und Fohlen benötigen weiterhin häufigere Behandlungen, da ihr Immunsystem noch nicht stabil ist.

Strategische Entwurmung - wann und womit

Die strategische Entwurmung folgt einem festen Zeitplan. Regulär gibt es etwa zwei Behandlungen pro Jahr plus weitere 2 bei nachgewiesenem Wurmbefall des Bestands in Sammelproben (siehe Tabelle).

Sie ist besonders für Fohlen, Jungpferde sowie belastete oder sehr große Bestände sinnvoll. Einzel-Kotproben sind zwar aussagekräftiger, in der Praxis aber gerade bei größerem Bestand kaum umzusetzen. In Deutschland orientieren sich Tierärzte in der Regel an den Empfehlungen der ESCCAP Deutschland und der Bundestierärztekammer, die eine Kombination aus Monitoring und gezielten Behandlungen empfehlen.

Besonders bei Jungpferden und Fohlen bleibt die strategische Entwurmung wichtig, weil sie noch keine ausreichende Immunität gegen Parasiten aufgebaut haben.

ESCCAP empfiehlt, Wirkstoffklassen abzuwechseln, um Resistenzen zu vermeiden.

  • Früh im Jahr eher Benzimidazole oder Pyrantel

  • Im Sommer ML (z. B. Ivermectin)

  • Im Spätsommer ggf. Praziquantel gegen Bandwürmer

  • Im Winter erneut ML gegen Magendasseln / Dasselfliegen und Strongyliden

Empfohlenes Schema für erwachsene Pferde mit Weidegang

Zeitraum

Zielwurm

Wirkstoff

Welche Pferde?

Monitoring

Februar/März

Kleine Strongyliden

Benzimidazole (BZ) oder Pyrantel (PYR)

Alle Pferde – nur bei nachgewiesenem Befall

Sammel-Kotprobe zur Kontrolle vor Entwurmung

Juni/Juli (1-2 Monate nach Weidebeginn)

Kleine Strongyliden, evtl. große Strongyliden

Ivermectin, Moxidectin

Alle

Kotprobenkontrolle nach der Entwurmung, um Wirksamkeit zu prüfen

Aug/Sept (4-5 Monate nach Weidebeginn)

Kleine Strongyliden, evtl. Bandwürmer

BZ oder Pyrantel, ggf. Praziquantel (PZQ) bei Bandwurmbefall

Alle Pferde – nur bei nachgewiesenem Befall

Sammel-Kotprobe zur Kontrolle vor Entwurmung

Nov/Dez (Aufstallung)

Kleine Strongyliden, Dasselfliegen, evtl. Bandwürmer und große Strongyliden

Ivermectin, Moxidection, ggf. Praziquantel

Alle

Kotprobe zur Kontrolle; bei positivem Befund ggf. Wirksamkeitsprüfung durchführen

 

Wurmkuren und Wirkstoffe im Vergleich

Wichtig ist, die Wirkstoffklassen abzuwechseln und die Wirksamkeit regelmäßig zu prüfen.
Ein Eizahlreduktionstest (EZRT) nach erfolgter Wurmkur kann zeigen, ob ein Mittel noch wirkt oder ob bereits Resistenzen bestehen.

Wirkstoffklasse Wirkt gegen Hinweise

Makrozyklische Laktone (ML: Ivermectin, Moxidectin)

Breites Spektrum an Rundwürmern (z. B. Strongyliden, Spulwürmer, Pfriemenschwänze) sowie Dassellarven

Sehr wirksam, aber Resistenzentwicklung v. a. bei Parascaris spp. (Spulwurm) möglich

Benzimidazole (Fenbendazol, Oxibendazol)

Rundwürmer (insbesondere Strongyliden, Spulwürmer)

Teilweise Resistenzen, besonders bei kleinen Strongyliden

Pyrantel

Rundwürmer, in höherer Dosierung auch Bandwürmer

Gute Verträglichkeit

Praziquantel

Bandwürmer

Meist in Kombipräparaten mit Ivermectin oder Moxidectin erhältlich

 

Hygiene und Weidemanagement

Wurmkuren allein reichen nicht aus, um Parasiten dauerhaft in den Griff zu bekommen. Eine gute Stall- und Weidehygiene ist genauso wichtig – denn viele Wurmeier und Larven überleben Monate oder sogar Jahre in der Umwelt.

Wichtige Hygieneschritte:

  • Täglich abäppeln (mind. 2× pro Woche, wenn nicht täglich möglich). So werden infektiöse Larven entfernt, bevor sie sich weiterentwickeln.

  • Ställe regelmäßig reinigen und trocken halten. In Tiefstreu-Ställen mindestens einmal jährlich gründlich reinigen und desinfizieren – nur mit nachweislich wurmeierwirksamen Mitteln.

  • Mist nicht direkt auf Weiden ausbringen. Kompostierter Mist ist dagegen unbedenklich, da die Hitzeentwicklung die Wurmeier abtötet.

  • Neue Pferde zuerst entwurmen und Kotprobe kontrollieren, bevor sie auf die Weide dürfen.

  • Trockenheit senkt das Risiko: Wurmlarven überleben Feuchtigkeit besser – deshalb Ställe und Paddocks möglichst trocken halten.

  • Biologische Unterstützung: In einigen Ländern wird bereits der Pilz Duddingtonia flagrans eingesetzt (zugelassen in den USA und Australien, laut ESCCAP ist eine zukünftige Ausweitung der Zulassung auf die EU wahrscheinlich). Seine Sporen werden gefüttert und töten Larven der kleinen Strongyiden im Kot ab – eine vielversprechende Ergänzung zur klassischen Entwurmung.

     

 

Wurmkuren richtig verabreichen

Unabhängig von der Frage ob selektiv oder strategisch entwurmt wird, muss die Wurmkur auch in der richtigen Dosierung im Pferd landen. Was einfach klingt, stellt manchen Pferdebesitzer vor Herausforderungen.

Dosierung:

Wurmkuren sollten auf gar keinen Fall unterdosiert werden, um Resistenzen zu vermeiden. Deshalb sollte jeder Pferdehalter das ungefähre Gewicht seines Pferdes kennen. Schätzungen sind schwierig, auch erfahrene Pferdeleute liegen regelmäßig daneben. Es hilft, das eigene Pferd ab und an zu wiegen, um einige Anhaltspunkte zu bekommen.

Achtung bei großen Warmblütern oder Kaltblütern. Die meisten Wurmkuren sind bis 700kg ausgelegt. Für ein großes Warmblut oder Kaltblut mit entsprechender Muskulatur reicht das nicht aus.

Anwendung

Die Wurmkur sollte möglichst direkt ins Maul gegeben werden. Es muss darauf geachtet werden, dass die gesamte Portion im Maul ankommt und abgeschluckt wird. Viele Pferde sind besonders einfallsreich, wenn es darum geht, die Paste wieder loszuwerden.

Bei Pferden, die sich schlecht ins Maul spritzen lassen, sollte das vorher geübt werden, zum Beispiel mit Apfelsaft. Die Wurmkur stattdessen übers Futter zu geben ist zu unsicher - es lässt sich nicht ausreichend kontrollieren, ob wirklich alles aufgenommen wurde.

Magenempfindliche Pferde richtig entwurmen

Durch Wurmkuren werden Parasiten im Verdauungstrakt des Pferdes abgetötet und ausgeschieden. Gleichzeitig werden durch die Wurmkur aber auch die notwendigen Darmbakterien angegriffen, wodurch die Darmflora aus dem Gleichgewicht  gerät und die Verdauung gestört wird. Zusätzlich entstehen durch die abgestorbenen Parasiten Toxine, welche sich ebenfalls negativ auf die Darmflora auswirken und zu Unwohlsein beim Pferd führen können.

Viele Pferde reagieren daher mit Kotwasser, Durchfall und/oder Koliken auf eine Entwurmung. Aus dem Grund sollten gerade Pferde, die zu Magen- und Darmproblemen neigen, um den Zeitpunkt der Entwurmung herum durch Produkte unterstützt werden, die einen positiven Effekt auf Magen und Darm haben. 

Wurmkuren sollten möglichst morgens gegeben und die Pferde in den folgenden Stunden unter Beobachtung gehalten werden. So kann bei Unwohlsein oder gar Kolikanzeichen schnell reagiert werden.

 

FAQ - Pferd entwurmen

Wie oft sollte ein Pferd entwurmt werden?

Das hängt vom Alter, Haltungsform und Befall ab. Fohlen häufiger (alle 2–3 Monate), erwachsene Pferde meist 2–4 Mal jährlich, nach Kotprobe.

Was ist selektive Entwurmung?

Nur Pferde mit nachgewiesenem Wurmbefall werden behandelt, um Resistenzen zu vermeiden. Wird vor allem für die Bekämpfung kleiner Strongyliden angewandt.

Welche Wurmkur ist die beste für Pferde?

Das hängt von der Wurmart ab, die bekämpft werden soll. Ivermectin und Moxidectin wirken z.B. gegen ein breites Spektrum an Rundwürmern, Praziquantel gezielt gegen Bandwürmer.

Wie erkenne ich Wurmbefall beim Pferd?

Typisch sind Durchfall, Kolik, Gewichtsverlust oder stumpfes Fell – sichere Diagnose nur über Kotprobe und je nach Wurmart weitere Verfahren.

Was hilft gegen Dasselfliegen / Magendasseln?

Eier entfernen und im Spätherbst mit Ivermectin entwurmen.

Quellen

ESCCAP, Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden, https://www.esccap.org/uploads/docs/7yd2oo9c_22022PferdeEmpfehlung8.pdf

Matthews, J. B., & Mair, T. S. (2025). Sustainable control of cyathostomin infections in practice. Equine Veterinary Education, 37(3), 129–138. https://doi.org/10.1111/eve.14182

Lightbody, K. L., Austin, A., Lambert, P. A., von Samson-Himmelstjerna, G., Jürgenschellert, L., Krücken, J., Nielsen, M. K., Sallé, G., Reigner, F., Donnelly, C. G., Finno, C. J., Walshe, N., Mulcahy, G., Housby-Skeggs, N., Grice, S., Geyer, K. K., Austin, C. J., & Matthews, J. B. (2024). Validation of a serum ELISA test for cyathostomin infection in equines. International journal for parasitology, 54(1), 23–32. https://doi.org/10.1016/j.ijpara.2023.07.001

Jürgenschellert, L., Nielsen, M. K., Barutzki, D., Schaper, R., & von Samson-Himmelstjerna, G. (2020). Investigations on the occurrence of tapeworm infections in German horse populations using different diagnostic methods. Parasites & Vectors, 13(1), 421. https://doi.org/10.1186/s13071-020-04318-5

Nielsen, M. K. (2022). Anthelmintic resistance in equine nematodes: Current status and emerging trends. International Journal for Parasitology: Drugs and Drug Resistance, 20, 64–72. https://doi.org/10.1016/j.ijpddr.2022.10.005

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